In Zusammenarbeit mit unserem Premium Partner, dem Architekturmagazin Modulør, veröffentlichen wir in jeder Ausgabe eine Kolumne zum Thema logisch - baubiologisch.
Beton dominiert nach wie vor die Bauindustrie, doch seine hohe Klimabelastung stellt die Branche vor grosse Herausforderungen. Die Zementherstellung ist extrem energieintensiv und verursacht rund 6 bis 8°% der globalen CO²-Emissionen.Um nachhaltiger zu bauen, müssen wir innovative Alternativen entwickeln etwa durch die Reduktion des Zementanteils, das Recycling von Beton oder den vollständigen Verzicht auf Zement.
Ein vielversprechender Ansatzkommt von Oxara, einem ETH-Spinoff, das zementfreie Bindemittel und Zusatzstoffe entwickelt, um Aushub und Abbruchmaterialien in emissionsarme Baustoffe umzuwandeln. Im Zentrum ihrer Forschung steht die Wiederverwendung von “Abfallmaterialien”aus der Bauindustrie. Oxara arbeitet aktuell intensiv mit Industriepartner zusammen, um diese Lösungen zu skalieren.
Im Rahmen dieser Forschung entstand der Manal-Pavillon – ein Gemeinschaftsprojektzwischen Oxara und der Hochschule Luzern (HSLU), entwickelt im Rahmen des „Innosuisse Flagship: Regeneratives Bauen– Think Earth“. Der Pavillon wurde von Sara Sherif (Oxara) und Stefan Wülser (HSLU) als Architekt:in konzipiert und dient als Labor füre missionsarme Baustoffe sowie innovative Bauweisen. Die Hybridkonstruktion demonstriert, wie Materialien gezielt nach ihren mechanischen Eigenschaftenkombiniert werden können. Dabei folgt das Projekt dem Prinzip „Designfor Disassembly“, das die vollständige Wiederverwendbarkeit aller Bauteile anstrebt und so die Lebensdauer der Materialien verlängert. Drei zentrale Baustoffe kamen zum Einsatz:
• Oxacrete Oulesse®: Ein mineralisches Bindemittel aus gemahlenen Abbruchmaterialien, das zur Herstellung von zementfreiem Beton (Cleancrete Oulesse) verwendetwird. Das Bindemittel gewährleistet eine Festigkeitsentwicklung, die mit herkömmlichen zementären Bindemittelsystemen vergleichbar ist.
• Nossim-Gusslehm: Eine monolithische Lehmbauweise, bei der Lehm mit Gesteinskörnung und dem Zusatzmittel Oxacrete® Nossim verflüssigt, gegossen und ausgehärtetwird.
• Oxabloc-Lehmsteine (Firma Terrabloc): Hergestellt aus Aushubmaterial und dem zementfreien Stabilisator Oxabrick® Loko erreichen sie eine Festigkeit von 10 MPa und sind wasserstabil. Erstmals kamen sie in einer Gewölbekonstruktion zum Einsatz.
Die Kombination dieser Materialien zeigt, dass nachhaltiges Bauen ein tiefes Verständnis für Materialeigenschaften erfordert. So eignetsich Lehm beispielsweise nur für Druckbelastung, während Beton auch Zugkräfte aufnehmen kann.Die Zukunft liegt in der intelligenten Verbindung unterschiedlicher Baustoffe, um sowohl funktionaleals auch wirtschaftlich tragfähige, nachhaltige Bauweisen zu schaffen.
Natürliche Baustoffe wie Lehm, Holz und Hanf erleben derzeit eine Renaissance. Der Manal-Pavillonzeigt, dass emissionsarme Materialien sowohl technisch als auch gestalterisch überzeugen.
Wie Marcel Breuer im 20. Jahrhundert mit innovativen Lösungen auf die Herausforderungen seiner Zeit reagierte, sind auch heute Architekt:innen gefordert, Ästhetik mit Nachhaltigkeit zu vereinen. Doch Innovation allein reicht nicht aus – nachhaltige Materialien müssen konsequent eingesetzt werden. Dafür braucht es das Engagement aller sowie klare politische Rahmenbedingungen. Lasst uns jetzt handeln: Setzen wir auf umweltfreundliche Materialien und treiben nachhaltiges Bauen voran!
Anouk Godelet
Architektin, M.Eng., Baubiologin mit eidg. FA,
Beraterin zirkuläres Bauen,
Mitglied Natureplus,
Geschäftsführerin Baubioswiss
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